Die Künstlerklause

Das Areal, auf dem sich die Künstlerklause befindet, gehörte nicht zur mittelalterlichen Stadt Schwalenberg. Es lag vor dem Alten Tor, woran noch heute der Name Alte Torstraße erinnert. Erstmalig bebaut wurde das Gelände in der Zeit um 1600 - und wie so vieles in der Schwalenberger Geschichte, ist auch jene erste Be­bauung mit dem Namen der Familie v. Mengersen verbunden, die dort Wirtschaftsgebäude errichten ließ.
Nach dem Aussterben der Familie v. Mengersen 1769 erwarb Johann Conrad Meier, Pächter des städtischen Kellers, die Gebäude und betrieb dort eine Schnapsbrennerei. Sein Sohn, der ebenfalls Johann Conrad Meier hieß, ließ das Haus 1801 grundlegend umbauen, um dort ein Gasthaus einzurichten. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch blieb der Gasthof Meier ein Nebenerwerbsgeschäft zusätzlich zur Landwirtschaft des Meierschen Hofes, die zu den größten in Schwalenberg zählte. Der Gasthof Meier erfüllte die Funktion einer "Ausspanne", wo die Kaufleute samt Pferd und Wagen für eine Woche Quartier bezogen, um von dort aus ihre Kunden in der Umge­bung aufzusuchen. Ansonsten bestand das Gasthauspublikum aus den Einheimischen, die hier zusammenkamen, um ihr Bier oder ihren Schnaps zu trin­ken, Karten oder Würfel zu spielen - wahrscheinlich weniger, um dort zu speisen.
Nach dem frühen Tod des Land – und Gastwirts Karl Meier im Jahre 1900 heiratete dessen Witwe Sophie 1903 Hermann Niederbracht aus Siebenhöfen bei Blomberg, der dem Gasthaus eine völlig neue Richtung gab (vgl. Abschnitt "Hauptakteure"). Die vielfältigen Interessen und das musische Talent Niederbrachts führten nicht nur zum Aufbau eines umfangreichen Privatmuseums, sondern vor allem auch zur Entwicklung des Gasthofs Meier als Künstlertreff.
Hermann Niederbracht verstand es, die ersten drei Berliner Maler, die im Sommer 1906 zufällig nach Schwalenberg kamen, an das Haus und den Ort zu binden, und förderte auch aktiv all die nachfolgenden Künstlerinnen und Künstler. Als der Berliner Maler und Kunstlehrer Hans Licht im Sommer 1920 mit seiner ganzen Malsschule und 40 Schülerinnen und Schülern im Gefolge anrückte, schuf Niederbracht auch hierfür Raum rund um das Gasthaus. Nur folgerichtig wurde der Gasthof Meier dann Mitte der zwanziger Jahre in "Künstlerklause" umbenannt. Anfang der dreißiger Jahre entstand das Fassadenfesko von Friedrich Eicke. Die Entwicklung der Malerkolonie Schwalenberg ist nirgendwo besser dokumentiert und nachzuverfolgen als den Gästebüchern der Künstlerklause.

Der Gasthof Meier um 1909: Hermann Niederbracht bringt ein Getränk, seine Frau Sophie mit dem dreijährigen Sohn Hermann auf dem Schoß sitzt vorn am Tisch.
Die fertig bemalte Künstlerklause Anfang der dreißiger Jahre.

Nach dem 2. Weltkrieg übernahm der Sohn des Klausengründers, Hermann Niederbracht II., mit seiner Frau Gerda das Gasthaus und leitete es bis Ende der sechziger Jahre. In den fünfziger und sechziger Jahren kamen noch häufiger Künstler in die Klause und führten hier nach wie vor Ausstellungen durch. Auch andere prominente Gäste bis hin zu Willy Brandt auf einer Wahlkampftour Anfang der sechziger Jahre oder aus dem Fernsehen bekannte Besucher verewigten sich im Gästebuch. Das Klausenmuseum, nun im Anbau der Künstlerklause untergebracht, zog noch zahlreiche Gäste an. Doch wurde die Klause in den siebziger und frühen achtziger Jahren selbst immer mehr zu ihrem eigenen Museum, bis sie Ende 1985 nach dem Tod des letzten Inhabers schloss und die Interieurs auf einer Auktion im Herbst 1986 versteigert wurden.

In ihrem Inneren spiegelte die Künstlerklause mit ihrem reichen Gemäldebestand noch bis in die frühen achtziger Jahre viel von der ursprünglichen Schwalenberger Malerkolonie wider.

In den folgenden Jahren fanden mehrere Eigentümerwechsel statt, verschiedene Konzepte der Revitalisierung wurden vorgestellt und das Haus weitgehend entkernt. Die Fassade wurde zwischenzeitlich auch einmal aufgefrischt, so dass die Künstlerklause äußerlich nach wie vor einen Bestandteil der Malerstadt Schwalenberg und ein beliebtes Fotomotiv darstellt, doch auch über 30 Jahre nach ihrer Schließung ist nicht erkennbar, dass in diesem Ursprungsort der Schwalenberger Malerkolonie wieder ein Gasthaus eröffnen könnte.

Die Künstlerklause heute: Die Fassade wurde vor einigen Jahren aufgefrischt, doch hinter den neuen Fenstern spielt sich nach wie vor kein Leben ab.